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Dimension - Rolle der Zivilgesellschaft

Ziel ist es, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in ländlichen Räumen für die Integration von Geflüchteten zu untersuchen. Hierfür werden zivilgesellschaftliches Engagement, die Einstellungen der Aufnahmegesellschaft und ihr Einfluss auf Integrationsprozesse untersucht.

Im Mittelpunkt steht das Spannungsfeld zwischen zivilgesellschaftlichen Reaktionen auf die neuen Mitbürgerinnen und Mitbürger auf der einen Seite und den lokalen Strategien der Schlüsselakteurinnen und -akteure auf der anderen Seite, durch die zivilgesellschaftliches Engagement gefördert und ausländerfeindliche Reaktionen verhindert werden können.

Konzeptionelle Arbeit

Unsere Vorüberlegungen zu den Aspekten, die ablehnende oder zugewandte Einstellungen erklären könnten, berücksichtigen vorwiegend Theoriebestandteile aus der Sozialpsychologie. Wichtige Begriffe sind Toleranz, Rezeptivität und Kontakt. Nach einer ersten Veröffentlichung der theoretischen Grundlagen (Thünen Working Paper Nr. 120) führen wir unsere konzeptionellen Überlegen unter dem Aspekt lokaler Rezeptivität in einem aktuellen Aufsatz aus (erschienen im Journal ERDKUNDE 2021). Im Projektzusammenhang kristallisieren sich eine Gegenüberstellung der Perspektiven Geflüchteter auf die Ankunftsgesellschaft und vice versa sowie konkrete Praktiken der (Nicht)Begegnung als erkenntnisreiche Auswertungskomponenten heraus. Ein wichtiger konzeptioneller Rahmen ist dabei der Begriff des Wohlbefindens (wellbeing) und die Bedeutung von sozialen Interaktionen für das individuelle Wohlbefinden. Aus der Bevölkerungsbefragung wird außerdem der Aspekt des Kontaktes der Residenzbevölkerung mit Geflüchteten als Determinante stärker in den Blick genommen und regionalisierte Einflussfaktoren geprüft.
 

Empirische Arbeiten

Unsere Repräsentativerhebung in 40 ländlichen Kommunen hat einen sehr guten Rücklauf erzielt. Dabei wurde stichprobenhaft die Bevölkerung in den vier Projektkommunen plus eine weitere sehr ländliche Gemeinde in jedem Landkreis befragt. Nach einer ersten deskriptiven Auswertung in 2019 wurden in den vergangenen Monaten vertiefende Auswertungen vorgenommen. Besonders im Fokus werden hierbei die Annahmen zu den spezifisch ländlichen Faktoren stehen, wie beispielsweise die Rolle der nachbarschaftlichen Beziehungen sowie Auswertungen in Bezug auf die Kommunengröße und die wahrgenommenen Strukturbedingungen für die Integration von Geflüchteten (Thünen Working Paper Nr. 174). In Zusammenarbeit mit Teilprojekt 2 (Perspektive Geflüchtete) haben wir bereits die Bedeutung nachbarschaftlicher Kontakte für den Verbleib von Geflüchteten in ländlichen Regionen herausgearbeitet (https://doi.org/10.3389/fsoc.2020.578495).

Auch die qualitative Datenerhebung, die eine Serie von Interviews mit verschiedenen Akteur*innen der Zivilgesellschaft umfasste, ist im Wesentlichen abgeschlossen. Besonders interessant erscheinen nach einer ersten Durchsicht die verschiedenen Perspektiven auf „Integration“ und das „gesellschaftliche Klima“ vor Ort, Erfahrungen der lokalen Bevölkerung und den relevanten Akteur*innen mit Geflüchteten oder anderen Zugewanderten, sowie die Migrationsgeschichte in den Erhebungsorten. Erste Ergebnisse sind als Thünen Working Paper 167 sowie in dem Buchbeitrag „Nach dem Lager. Begegnung, Inklusions- und Exklusionsmechanismen an ländlichen Wohnstandorten in Deutschland“ (https://www.transcript-verlag.de/shopMedia/openaccess/pdf/oa9783839452028.pdf) erschienen. Weiterführende Analysen werden 2021 für die Abschlusspublikation vorbereitet.

Derzeit wird die Analyse lokaler Diskurse finalisiert. Hierzu wurden in jeder Untersuchungsregion zwei Lokalzeitungen nach Schlüsselbegriffen durchsucht sowie eine strukturierte Sammlung von relevanten Diskurskomponenten vorgenommen, z. B. Bilder/Fotos, Flyer/Handzettel/Aushänge sowie Amtsblätter oder Mitteilungen der Verwaltung in den Untersuchungsgemeinden. Ziel ist es die Entstehung und Ausdifferenzierung lokaler Diskurse nachzuzeichnen und mit den Ergebnissen der anderen Erhebungsschritte abzugleichen.
 

Ausblick

In den letzten Projektmonaten bis Mai 2021 liegt unsere Konzentration auf der Finalisierung und Validierung unserer Ergebnisse mit Praxispartner*innen und lokalen Expert*innen. Ein wesentliches Ziel ist die Verschränkung unserer Ergebnisse zur Aufnahmegesellschaft mit den übrigen Projektergebnissen im Rahmen der abschließenden Buchpublikation. Potenziale zeigen sich vor allem hinsichtlich der Perspektivenspiegelung von Geflüchteten und Residenzbevölkerung, hinsichtlich der Analyse von Perspektiven auf „Integration“ und daraus abgeleitete Handlungsorientierungen und Praktiken, sowie in Bezug auf die Bedeutung von „Nachbarschaft“ und „Kontakt“ für die Integration von Zugewanderten. Ein weiterer Fokus liegt auf der Bedeutung des ehrenamtlichen Engagements, das nicht nur für die Integration von Neuankommenden von Bedeutung ist, sondern eine wichtige gesellschaftliche Basis für das Zusammenleben in ländlichen Räumen darstellt.

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